Wir sind sehr privilegiert, seit einigen Jahren auch im wunderschönen Salzkammergut, am Grasberg über dem Traunsee, ein Haus unser eigen nennen zu dürfen. Seit bald fünf Jahren vermieten wir unseren »Traunsee-Traum« auch – oder vielmehr ich, gegen den anhaltenden Widerstand meiner Frau. Ihre Bedenken teile ich zunehmends, auch wenn ich nach wie vor meine, dass gerade der Vergleich mit anderen Zeitgenossen einen vieles – vor allem über sich – lehrt. .
Erlebnisse von und mit unseren Gästen
Die Erlebnisse von und mit unseren Gästen, die im Sommer wöchentlich wechseln, da wir stets ausgebucht sind, teile ich regelmäßig nicht nur mit meiner Frau, sondern auch mit unseren Nachbarn und Freunden, weil sie für Nicht-Betroffene sehr unterhaltsam sind. Und heute teile ich die Highlights auch mit Ihnen. Warum? Ganz einfach: Gerade in den letzten Jahren habe ich gelernt, dass man sich und den anderen viel Ärger erspart, wenn man die jeweiligen Positionen offen ausspricht.
So helfen wir Ihnen: Wenn Sie sich in den Gästeerzählungen wieder finden, wissen Sie, dass ein Aufenthalt bei uns nichts für Sie ist – und für uns auch nicht. Und vielleicht ist auch ein bisschen Unterhaltung für Sie dabei. Damit wenigstens Sie lachen können.
Ich gestehe ja, dass für uns jede dieser Geschichten aus einer anderen, fremden Welt sind. Wir reisen seit bald zwei Jahrzehnten gemeinsam und wählen stets Appartments und Hütten oder Kleinhäuser, weil sie unseren Lebensstil widerspiegeln. Die Buchungen führe stets ich durch, ich nehme mir auch immer viel Zeit, um die Beschreibungen und Gästeberichte mit unseren Präferenzen abzugleichen. Und wirklich enttäuscht waren wir nie, meist wurden unsere Erwartungen sogar übertroffen.
Einhergehend mit der Anspruchsinflation steht die Bequemlichkeit im Vordergrund.
Umso überraschender ist für uns, dass Gäste, die unser vollausgestattetes Haus im gehobenen Niveau mit Sauna, Schwimmteich und immerhin 3 Badezimmer und 4 WCs um oft weniger als 40€ pro Person und Nacht buchen, aber gleichzeitig Erwartungen enttäuscht sehen, die Fünfsterne-Hotels oft nicht erfüllen. Aber nicht nur das, nein: Die für diese Enttäuschung selbstverständlich andere verantwortlich machen und völlig außer Acht lassen, dass sie sich in ein Privathaus einmieten, in welchem die Eigentümer regelmäßig ihre Zeit verbringen – in einem Umfeld, dass sie sich – primär für sich selbst – geschaffen haben.
Schlimmer noch: Einhergehend mit der Anspruchsinflation steht die Bequemlichkeit im Vordergrund. Bevor man sich darüber beschwert, dass keine Waschmaschine vorhanden ist, könnte man sich fragen, warum man nicht bei der Buchung das Vorhandensein dieser für einen offenbar essentielle Voraussetzung für einen gelungenen Urlaub geprüft hat.
Wie anstrengend ist ein Urlaub, wenn man nur nach Fehlern sucht?
Es ist sicher auch so, dass selbst jahrzehntelang zusammen lebende Partner wenig miteinander zu reden scheinen und dadurch auch wenig über den jeweils anderen und dessen Bedürfnisse wissen. So kommt es wohl, dass die Frau eine Waschmaschine zum Überleben braucht, während der Mann, der bucht, das nicht registriert. Und dass nach dem obligaten Urlaubsstreit dann irgendwann mal der gemeinsame Feind, der außerhalb der hoffentlich wieder gefundenen harmonischen Zweisamkeit stehen muss, als Schuldiger ausgemacht wird. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie anstrengend ein Urlaub, in dem man dann (wegen einer Waschmaschine) tagelang nur nach Dingen sucht, die einem nicht passen, sein muss. Und – wenn man davon ausgeht, dass es eine grundsätzliche Geisteshaltung ist – wie mühsam und unbefriedigend erst das gemeinsame Leben! Das deckt sich übrigens mit den Erfahrungen meiner Frau als Anwältin auch für Ehe- und Familienrecht und ist ein weiterer Grund, warum ich nur ungern die Vermietung einstellen möchte. Der regelmäßige Vergleich macht einen (noch) sicher(er)!
Diese in der Tat am häufigsten geäußerte Beschwerde ließ mich schon darüber nachdenken, eine Liste über jene Einrichtungen zu veröffentlichen, die nicht vorhanden sind (die wäre wahrscheinlich auch kürzer), um diesen Teil unserer Gesellschaft und unserer Gäste in ihrer Bequemlichkeit zu unterstützen. Unser großer Vorteil wäre dann vielleicht, dass die Treffsicherheit bei der Auswahl des Quartiers (und seiner Gäste) massiv gesteigert werden würde.
Wie geht man dann mit Einrichtungen um, die sich Gäste – zur völligen Überraschung der Gastgeber – anders vorstellen?
Wobei das Problem so auch nicht gelöst werden würde (erziehungstechnisch gesehen im Gegenteil noch verschärft). Und vor allem: Wie geht man dann mit Einrichtungen um, die sich Gäste – zur völligen Überraschung der Gastgeber – anders vorstellen? Nehmen wir zum Beispiel unseren Natur-Schwimmteich. Für uns, die wir seit über zehn Jahren einen solchen als Erholungsoase genießen, gemeinsam mit unserer Tochter die Libellen, Molche und Unken beobachten und uns so der Natur näher fühlen, ist klar, dass der Begriff »Schwimmteich« Chlorwasser und Stahl genauso ausschleißt wie ein See oder Teich. Offenbar ist das jedoch für viele keine Selbstverständlichkeit: »Leider sind wir vom Schwimmteich enttäuscht da er verschmutzt und vermoost ist und daher für uns nicht zu benutzen ist. Da wir vier kleine Kinder dabei haben, haben wir das Haus extra deswegen gebucht.«. Und auch die Verstärkung bei der Holzleiter, die wir extra vorgenommen haben, da gerade beleibte Personen ohne Leiter nicht aus dem Teich kommen, finden nicht immer Zuspruch: »Die vielen Schrauben bei der Leiter wirken nicht gerade vertrauenswürdig«, deshalb will man auf »den schlechten Zustand der Holzausstattung beim Teich hinweisen«.
Ein weiteres Thema, das vielen Gästen große Sorgen bereitet, sind die vielen Fliegen, Schnaken oder sonstigen gefährlichen Fluggeräte. Da Begriffe wie »viel« und »sehr« bekannterweise sehr dehnbar sind, haben wir uns diesen Sommer die Situation während der Hauptflugzeit dieser lästigen Biester angesehen. Und mussten feststellen: Es herrscht in der Tat eine Fliegenplage vor, wohl bedingt durch die natürliche und bäuerliche Umgebung. Ich musste tatsächlich drei Fliegen mit einer der vorrätigen Fliegenklatsche erschlagen, bevor eine Woche Ruhe war. Vielleicht waren es auch vier, ich weiß es nicht mehr genau.
Ein weiteres Phänomen ist die geringe Wertschätzung fremden Eigentums.
Ein weiteres Phänomen ist die geringe Wertschätzung fremden Eigentums. Das wiederum kommt mir als jemand, der mit vielen Mitarbeitern (oft eher kurz, da ich zugegebenermaßen auch dort mit jenen Menschen nicht zurecht kam, die zwar viel forderten, aber nicht bereit waren, ihrerseits eine adäquate Leistung zu erbringen) zusammen gerarbeitet hatte, weniger überraschend vor. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft meine Moralpredigt zu “gehen Sie mit Ihrem privaten Eigentum genauso um wie mit Firmenwerten?” – egal ob die Kaffeemaschine, das Dienstauto oder andere Werte betroffen waren. Nun sind es die Einrichtungsgegenstände unseres Hauses. Paradox wird das Ganze, wenn derselbe Gast sich über die schlechte Qualität der Sitzgarnitur auf der Terrasse beschwert, nachdem er selbst zwei Sessel ruiniert hat.
Auf das Thema Betten gehe ich am besten nur kurz ein, denn da wird es wirklich speziell und oftmals wissenschaftlich, da kann man es gar nicht allen Recht machen. Auf die berechtigte Kritik eines sonst sehr wertschätzenden Gastes wurde ein Doppelbett saniert und mit neuem Lattenrost und Matratzen versehen. Ergebnis: Waren die Matten vorher zu weich, sind sie nun für einige zu hart. Und das bei speziellen, zertifizierten Maratzen mit zwei Härtegraden.
Besonders spannend wird es dann, wenn feine Gäste aus den Hauptstädten anreisen – egal ob Wien oder Berlin, egal ob EU-Parlamentarier, Ärzte oder Professoren. Die Highlights: »Keine Kleiderbügel im Schrank und keine Kleiderstange im oberen Zimmer« (bei einem begehbaren Wandschrank mit Platz für 50 Kleider und ausreichend Kleiderbügel im Hauptgeschoss), »Sehr kleine enge Toilette und Dusche im oberen Zimmer« (bei 3 Duschen, 4 WCs und einer Badewanne im Haus), »Klimaanlage wäre toll« oder »eine “normale” Kaffeemaschine hat uns gefehlt« (bei einer Nespressomaschine mit kostenlosen Kapseln zur freien Verwendung).
Die Gefahr für Leib und Leben der Kinder im Traunsee-Traum
Absolutes Highlight war aber ein FH-Professor, der eine Stunde nach seiner Anreise anrief, um auf die Gefahr für Leib und Leben seiner Kinder hinzuweisen und eine sofortige Lösung einzufordern. Was war passiert? Eine Diele, die etwas nachgab und, nachdem der Anrufende mit seinen wohl 100 Kilos auf die Diele stieg, eine Stufe in der (abgemessenen) Höhe eines halben Zentimetern aufwies. Und eine etwas wackelige Waschbetonplatte im Außenbereich. Natürlich ließen wir die Schäden, die uns bei unserem Aufenthalt bis zur Abreise ca. 3 Stunden zuvor nicht einmal auffielen, umgehend von unserer Hausbesorgung beheben. Der Aufforderung, die Diele sofort reparieren zu lassen und die (lose verlegte) Waschbetonplatte festzukleben, kamen wir dann aber doch nicht nach. Spitzfindige Juristen mussten übrigens schon beim Gebrauch der Wortwahl “Gefahr für Leib und Leben” schmunzeln, ist diese als “Sachlage, bei der eine schwere Körperverletzung oder der Tod einzutreten droht” legaldefiniert.
Das Feedback unserer Gäste beschäftigt mich immer und das immer häufiger vorkommende (wohlgemerkt: bei immer besserer Ausstattung und besserer Qualität) negative regt mich regelmäßig zum Nachdenken an. Was mache ich falsch? Als Gastgeber UND als Gast, da wir in beiden Fällen selten etwas zu beanstanden hatten. Neulich waren wir bei den Bregenzer Festspielen und buchten ein Appartment über AirBnB. Ich – der Buchende, wieder einmal – habe es verabsäumt, vorab die Modalitäten bei der Anreise und den Aufenthalt zu hinterfragen. Wahrscheinlich weil ich als Gastgeber alle Gästeinformationen vorab per Mail verschicke und stets erreichbar bin – aus Erfahrung, dass Gäste diese Info nicht durchlesen und dann erst vor der Türe überlegen, wie sie jetzt einchecken können. Als ich am selben Tag schrieb und anrief, kam keine Reaktion. Also standen wir in einer (sehr netten) Wohnhausanlage, ohne Infos, mit wartendem Taxi. Ich klopfte an ein paar Türen, erhielt letztendlich von einer Mitbewohnerin die Info, welche Wohnung wohl gemeint sein könnte, klopfte dort an und schritt ein. Kurze Zeit später bekam ich dann doch noch per Nachricht die Bestätigung für die Rechtmäßigkeit meines vermeintlichen Hausfriedensbruches. Auf meine Anfrage zum W-LAN-Passwort bekam ich bis heute keine Antwort – ich fand den Router samt dort aufgeklebten Passwortes und alles passte. Hatten wir nun einen schlechten Aufenthalt? Nein, vielmehr ein bisschen Abenteuer, von dem man – so wie hier – erzählen kann.
Bei der Abreise aus einem pittoresken Dachgeschossappartment in Piran nahmen meine Frau und ich uns bewusst die Zeit, durch die liebevolle, kleine Wohnung mit einer süßen, kleinen Dachterrasse zu gehen und diese mit den Augen unserer Gäste zu betrachten. Die Liste der Beanstandungen war sehr lang und wurde von uns im selben Moment wieder ad acta gelegt – bei einem Glas Wein, der uns vom Vermieter beim Check-In als Geschenk überreicht wurde. Dies machen wir übrigens auch, mit Nüssen und einer Willkommenskarte. Das erwähne ich nur, weil sich für die kleine Aufmerksamkeit noch niemand bedankt hat. Wir hingegen taten dies selbstverständlich, freuten uns und kommen gerne wieder. Trotz kleinem Bad und WC, Dachschrägen, gefährlichen Stufen auf die Terrasse, komischen Geruch im Stiegenhaus und vielem mehr. Wir genossen es sehr (und bewerteten mit der Höchstpunktezahl, samt wertschätzendem Feedback).
Drum prüfe, wer sich bindet.
Zeit für ein Résumé: Drum prüfe, wer sich bindet. Lange Zeit dachte ich, das gilt neben Eheleuten auch für Mitarbeiter, vielleicht auch für Autos. Offenbar gilt es auch für eine Urlaubswoche, die eigentlich zur Erholung dienen sollte. Nachdem ich sogar begonnen habe zu hinterfragen, ob ich – wir – denn abnormal seien, vielleicht sogar Messies, die in Substandard-Spelunken wohnen und falsche Maßstäbe anlegen, freuten wir uns sehr, dass sich unsere Freunde, die wir auch gerne dorthin einladen, stets sehr wohl fühlen und – das ist wesentlicher – auch Zeit haben wieder zu kommen. Wohlgemerkt: Nicht unter den Tisch fallen lassen möchte ich die vielen positiven Bewertungen in den Plattformen und auf Google sowie in unserem Gästebuch. Ohne diese hätte ich schon längst aufgehört mit der Vermietung.
Ich habe nun für mich, nachdem diese Thematik mit jedem Jahr schlimmer wird, beschlossen, Gäste nur mehr nach eingehender Prüfung aufzunehmen. Da dies bei booking.com nicht geht, werde ich diese Plattform beim nächsten Erlebnis der anderen Art sperren. Und freue mich so auf alle spannenden, wertschätzenden und zufriedenen Gäste, die uns noch beschert werden. Auf bald!